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Mit Rayvow® von Eli Lilly ist seit dem 01.03.2023 eine neue Alternative zur Behandlung von Migräneanfällen verfügbar.
In Europa sind zwischen 11% und 12% der Bevölkerung von Migräne betroffen, wobei die Erkrankung bei Frauen häufiger (16% bis 18%) auftritt als bei Männern (6% bis 7%). Betroffene leiden unter Attacken, die durch mäßige bis schwere Kopfschmerzen (mit oder ohne vorausgehender Aura), Übelkeit, Erbrechen, Photophobie sowie Phonophobie gekennzeichnet sind. Unbehandelt und bei unwirksamer Behandlung dauern diese Attacken üblicherweise vier bis 72 Stunden.
Für die medikamentöse Akuttherapie der Kopfschmerzphase der Migräne stehen bisher hauptsächlich Schmerzmittel wie nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) und/oder 5-HT1B/1D-Agonisten (Triptane) zur Verfügung.
Nun ist eine neue Alternative verfügbar: Das neue Präparat Rayvow® ist zugelassen zur Akutbehandlung der Kopfschmerzphase von Migräne-Attacken mit oder ohne Aura bei Erwachsenen und verfolgt dabei einen anderen Wirkansatz als die bisher erhältlichen Arzneimittel. Der enthaltene Wirkstoff Lasmiditan ist ein 5-Hydroxytriptamin 1F (5-HT1F) -Rezeptoragonist. Während der genaue Wirkmechanismus nicht bekannt ist, können die therapeutischen Wirkungen von Lasmiditan bei der Behandlung der Migräne vermutlich auf agonistische Wirkungen am 5-HT1F-Rezeptor, eine Verringerung der Freisetzung von Neuropeptiden und eine Hemmung von Schmerzwegen (inkl. Trigeminusnerv) zurückgeführt werden. Da Lasmiditan keine vasokonstriktiven Eigenschaften aufweist, kann dieser neuartige Wirkstoff unter Umständen auch bei Patienten angewendet werden, bei den Triptane kontraindiziert sind.
Die Wirksamkeit von Rayvow® wurde in drei Hauptstudien an insgesamt 7000 Erwachsenen untersucht. In der ersten Studie berichteten 28% der Patienten, die 100 mg Lasmiditan einnahmen, und 32% der Patienten, die 200 mg einnahmen, zwei Stunden nach der Behandlung über keine Schmerzen. In der Placebogruppe waren 15% der Patienten schmerzfrei.
In Studie zwei traten bei 31% der Patienten, die 100 mg einnahmen, und bei 39% der Patienten, die 200 mg einnahmen, nach zwei Stunden keine Schmerzen auf, verglichen mit 21% der Patienten, die Placebo einnahmen. Eine weitere Gruppe von Patienten erhielt 50 mg Lasmiditan, hier war Rayvow® bei 29% der Patienten wirksam.
In der dritten Studie waren 26% der Patienten, die 100 mg Lasmiditan einnahmen, und 29% der Patienten, die 200 mg einnahmen, nach zwei Stunden ohne Schmerzen, verglichen mit 8% der Patienten, die Placebo einnahmen. Die Studie zeigte auch, dass Rayvow® bei mehreren Attacken wirksam blieb: Nach Gabe von 100 mg oder 200 mg Lasmiditan berichteten 14% bzw. 24% nach zwei Stunden bei mindestens zwei von drei Attacken über keine Schmerzen, verglichen mit 4% der Patienten in der Placebo-Kohorte.
Eine sehr häufige Nebenwirkung von Rayvow® ist Schwindel. Weitere Nebenwirkungen sind u.a. Somnolenz, Müdigkeit, Parästhesie, Nausea, Hypästhesie sowie Muskelschwäche. Da Lasmiditan als hochaffiner, zentral penetrierender Serotonin-1F-Rezeptoragonist zentrale Nebenwirkungen wie Schwindel und Müdigkeit auslösen kann und diese die Verkehrstüchtigkeit in computergestützten Studien signifikant beeinträchtigten, müssen die Patienten unbedingt darauf hingewiesen werden, nach der Einnahme für mindestens 8 Stunden keinen Aktivitäten nachzugehen, die eine erhöhte Aufmerksamkeit erfordern. Dazu zählen u.a. das Bedienen von Maschinen sowie das Führen von Fahrzeugen, selbst wenn sie sich dazu in der Lage fühlen. Patienten, bei denen dies nicht sichergestellt werden kann, sollten Lasmiditan nicht einnehmen.
Die empfohlene Dosis beträgt initial 100 mg Lasmiditan, wobei sie - wenn nötig - für eine stärkere Wirksamkeit auf 200 mg erhöht oder für eine bessere Verträglichkeit auf 50 mg verringert werden kann. Falls der Migräne-Kopfschmerz nach Einnahme von 50 mg oder 100 mg Lasmiditan innerhalb von 24 Stunden nach dem ersten Ansprechen erneut auftritt, kann eine zweite Dosis der jeweiligen Stärke eingenommen werden. Dabei ist zu beachten, dass die Tageshöchstdosis 200 mg Lasmiditan beträgt und eine zweite Dosis bei derselben Attacke höchstwahrscheinlich nicht von Nutzen ist, sofern der Patient nicht auf die erste Dosis angesprochen hat.
Rayvow® ist auf ärztliche Verschreibung als 50 mg, 100 mg sowie 200 mg Filmtabletten erhältlich.
Wie alle neuen Arzneimittel unterliegt Rayvow® einer zusätzlichen Überwachung durch die zuständigen Behörden. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden.
Quellen:
[1] Produktinformation (EMA) Rayvow®; Eli Lilly; 03. Oktober 2022
[2] EPAR Rayvow® (European Public Assessment Report - EMA) ; Eli Lilly; 03. Oktober 2022
[3] Veröffentlichung (Medicine Overview) EMA; 03. Oktober 2022: Rayvow®
[4] Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie: Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne (S1); AWMF-Registernummer: 030/057; Stand Oktober 2022