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Sie verordnen ihrem 60-jährigen Patienten mit der Diagnose Prostatakrebs (metastasiertes kastrationsresistentes Prostatakarzinom (mCRPC)) als neue Medikation Abirateron 500 mg (2-0-0) und Prednisolon. Sie wissen, dass der Patient gerne ausgiebig frühstückt und immer danach seine bisherige Dauermedikation zur Hypertoniebehandlung einnimmt. Was gibt es beim Einnahmezeitpunkt von Abirateron im Vergleich zur bestehenden Medikation für Ihren Patienten zu beachten?
Prostatakrebs ist unter Männern in Deutschland die häufigste bösartige Tumorerkrankung mit jährlich etwa 65.000 Neuerkrankungen.1-3 Das mittlere Erkrankungsalter lag lt. Robert-Koch-Institut im Jahr 2018 bei 71 Jahren - es handelt sich also vor allem um eine Alterserkrankung.3 Bei jüngeren Männern (< 50 Jahren) ist das Prostatakarzinom hingegen selten.2 Während das Risiko eines 35-jährigen Mannes, in den nächsten 10 Jahren an Prostatakrebs zu erkranken, weniger als 0,1% beträgt, steigt das Risiko für einen 75-Jährigen bereits auf etwa 6%.3
Welche Behandlung für ein Prostatakarzinom angezeigt ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dabei spielen das Patientenalter, der Gesundheitszustand, das Tumorstadium und Progressionsrisiko eine Rolle. Neben aktiver Überwachung, Strahlentherapie oder einer Entfernung der Prostata kann bei fortgeschrittenem Prostatakarzinom auch eine medikamentöse Therapie erwogen werden. Nutzen und Risiken der jeweiligen Behandlungsmethoden sind dabei patientenindividuell abzuwägen.8
Bereits seit 2011 ist der Arzneistoff Abirateron, bekannt unter dem Handelsnamen Zytiga®, durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) zugelassen.4 Abirateron ist u. a. indiziert bei Patienten zur Behandlung des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms (mCRPC) mit asymptomatischem oder mild symptomatischem Verlauf der Erkrankung nach Versagen der Androgenentzugstherapie, bei denen eine Chemotherapie noch nicht klinisch indiziert ist.4 Abirateron verhindert die Produktion von Testosteron. Da die Tumorzellen Testosteron für ihr Wachstum benötigen, kann so der Krankheitsverlauf verlangsamt werden.5
Was könnte hier passieren, wenn ihr Patient auch für Abirateron den Einnahmezeitpunkt ‚nach dem Frühstück‘ wählt?
Wird Abirateron zusammen mit Nahrung eingenommen, kann die Resorption erheblich beeinträchtigt werden. Je nach Fettgehalt der Mahlzeit ist laut Produktinformation mit einer bis zu 10-fach erhöhten AUC (Area under the curve) und bis zu 17-fach erhöhten mittleren systemischen Cmax (maximale Plasmakonzentration) zu rechnen.4
Dieser Sachverhalt wurde auch in einer kleinen Studie mit 72 Patienten mit CRPC untersucht. Da eine Abirateron-Therapie mit hohen Behandlungskosten verbunden ist, war es Ziel der Studie zu zeigen, ob auch mit einer niedrigen Dosierung des Arzneistoffs zusammen mit Nahrung, eine vergleichbare Wirkung erzielt werden kann wie mit der Standarddosierung in nüchternem Zustand.6
Über 12 Wochen erhielten die Studienteilnehmer entweder 250 mg Abirateron mit einem fettarmen Frühstück oder 1.000 mg in nüchternem Zustand. Es wurde festgestellt, dass die niedrige Dosierung der 1.000 mg Standarddosierung nicht unterlegen war. Die Auswirkung auf den PSA-Wert (Prostataspezifisches Antigen; als pharmakodynamischer Biomarker für die Wirksamkeit) war im Niedrig-Dosis-Arm (mittlere logarithmische Veränderung, −1,59) im Vergleich zur Standardtherapie (−1,19) sogar größer. Die Abnahme der Androgenspiegel sowie das progressionsfreie Überleben war in beiden Gruppen vergleichbar.6
Insgesamt bietet die Studie zwar Einblicke in die Wirksamkeit und pharmakoökonomische Aspekte von niedrig dosiertem Abirateron, aber bei der Interpretation der Ergebnisse sollten ihre Einschränkungen (z. B. niedrige Teilnehmerzahl, keine radiologischen Verlaufsdaten außerhalb des PSA-Wertes) berücksichtigt werden. Weitere Untersuchungen müssten folgen, um u. a. auch Langzeiteffekte adäquat zu prüfen und aussagekräftige Empfehlungen treffen zu können.6,7
Welchen Einnahmehinweis zu Abirateron sollten sie Ihrem Patienten geben?
Da die Zusammensetzung der Nahrung, je nach gewählten Lebensmitteln und die davon abhängige Resorptionsquote sehr variabel ist, gelten weiterhin die Empfehlungen der Produktinformation, um eine möglichst gleichbleibende Exposition mit dem Wirkstoff zu gewährleisten. Es soll eine nüchterne Einnahme erfolgen, d. h. Abirateron ist frühestens 2 Stunden nach bzw. 1 Stunde vor der nächsten Mahlzeit einzunehmen.4,6 Ein Vermerk im Medikationsplan kann, vor allem zu Therapiebeginn, für den Patienten hilfreich sein.
Literatur:
[1] Veröffentlichung der Website krebsinformationsdienst.de: Prostatakrebs (Prostatakarzinom) (zugegriffen am 13.11.2023)
[2] S3-Leitlinie Prostatakarzinom; Leitlinienprogramm Onkologie; AWMF-Registernummer: 043/022OL; Stand: Version 6.2; Oktober 2021
[3] Veröffentlichung (Krebs in Deutschland für 2017/2018) RKI; 29.11.2021: Prostata
[4] Produktinformation (EMA) Zytiga®; Janssen-Cilag; 29. Juni 2022
[5] Veröffentlichung (Summary for the public) EMA; 12. Januar 2018: Zytiga®
[6] Szmulewitz RZ et al. Prospective International Randomized Phase II Study of Low-Dose Abiraterone With Food Versus Standard Dose Abiraterone In Castration-Resistant Prostate Cancer. J Clin Oncol. 2018 May 10;36(14):1389-1395
[7] Kolesar JM, Liu GX, Low-Fat Abiraterone Food Effect Is of Little Consequence. J Clin Oncol. 2018 May 10;36(14):1385-1386
[8] Veröffentlichung der Website gesundheitsinformation.de: Örtlich begrenzter Prostatakrebs (zugegriffen am 16.11.2023)