Neue Therapie­option bei Morbus Pompe

Frau in Laborkleidung hält Vial mit klarer Flüssigkeit in die Kamera

Das Präparat Nexviadyme® von Sanofi ist seit 1.8.2022 auf dem deutschen Markt erhältlich.  

Patienten, die an Morbus Pompe erkrankt sind, haben niedrigere Spiegel des Enzyms saure alpha-Glucosidase (GAA). Dieses Enzym ist an der Kontrolle der Glykogen-Spiegel im Körper beteiligt, ein Mangel des Enzyms kann dazu führen, dass die Glykogen-Spiegel in Skelett- und Herzmuskulatur stark ansteigen und diese irreversibel geschädigt werden. Die Erkrankung kann als infantile Verlaufsform (infantile-onset Pompe disease, IOPD) oder als späte Verlaufsform (late-onset Pompe disease, LOPD) auftreten. Ohne Behandlung können bei IOPD Herzversagen und Tod innerhalb des ersten Lebensjahres die Folge sein, während bei Patienten mit LOPD bei fortschreitender Erkrankung auf einen Rollstuhl und/oder künstliche Beatmung angewiesen sein können.  

Zur Behandlung von Morbus Pompe kommt eine langfristige Enzymersatztherapie (EET) in Frage, hierzu war in Deutschland bisher einzig das 2006 eingeführte Präparat Myozyme® mit dem Wirkstoff Alglucosidase alfa zugelassen.  

Nun ist mit Nexviadyme® eine weitere Option zur langfristigen EET verfügbar. Nexviadyme® enthält als Wirkostoff eine modifizierte Form von Alglucosidase alfa, die rekombinante, humane, saure α-Glucosidase (rhGAA) Avalglucosidase alfa. Im Vergleich zu Alglucosidase alfa besitzt der Wirkstoff 15-mal so viele Mannose-6-Phosphat(M6P)-Reste. Avalglucosidase alfa kann somit besser an die M6P-Rezeptoren auf der Zelloberfläche binden und so in erhöhtem Maße in die Zelle eindringen. Das Enzym wird in die Lysosomen transportiert, wo es anschließend proteolytisch gespalten wird und so seine enzymatische Aktivität, der Abbau von Glykogen, erhöht wird. Das aufgrund der Erkrankung im Körper der Patienten fehlende Enzym GAA wird dadurch ersetzt und der Körper wird in die Lage versetzt, das angesammelte Glykogen abbauen zu können. Dadurch hilft Avalglucosidase alfa, die Ansammlung von Glykogen und somit das Auftreten von Krankheitssymptomen zu verhindern.  

Eine Hauptstudie an 100 Patienten im Alter von 16 bis 78 Jahren mit Morbus Pompe zeigte, dass Avalglucosidase alfa bei der Verbesserung der Lungenfunktion mindestens so wirksam war wie Alglucosidase alfa. In der Studie stieg bei Patienten, die 49 Wochen lang Avalglucosidase alfa erhielten, die Lungenfunktion um 2,9 % - verglichen mit einer Verbesserung um 0,5 % bei Patienten unter Alglucosidase alfa. 

Sehr häufige Nebenwirkungen von Nexviadyme® sind Überempfindlichkeitsreaktionen (allergische Reaktionen) und infusionsbedingte Reaktionen, wobei schwere allergische Reaktionen (Anaphylaxie) bei weniger als 2 von 100 Behandelten beobachtet wurden. Weitere häufig berichtete Nebenwirkungen sind Juckreiz, Ausschlag, Kopfschmerzen, Urtikaria, Müdigkeit, Übelkeit und Schüttelfrost.  

Nexviadyme® wird alle zwei Wochen als intravenöse Infusion verabreicht. Die empfohlene Dosierung beträgt hierbei 20 mg/kg Körpergewicht. Bei Patienten mit IOPD kann bei unzureichendem Ansprechen ggf. eine Dosiserhöhung nötig sein. 

Das Arzneimittel ist auf ärztliche Verordnung als Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung erhältlich. Wie alle neuen Arzneimittel unterliegt es einer zusätzlichen Überwachung durch die zuständigen Behörden. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden. 

 

Quellen: 

[1] Produktinformation (EMA) Nexviadyme®; Sanofi; 27. Juli 2022 

[2] Produktinformation (EMA) Myozyme®; Sanofi; 13. Dezember 2021 

[3] Veröffentlichung (Medicine overview) EMA; 27. Juli 2022: Nexviadyme® 

[4] Pressemitteilung Sanofi; 28. Juni 2022: Nexviadyme® (avalglucosidase alfa) approved by European Commission as a potential new standard of care for the treatment of Pompe Disease 

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