Neue Therapie bei genetischer Form von ALS

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Qalsody®: Zulassung für erstes Arzneimittel zur Behandlung einer seltenen, genetischen Form der amyotrophen Lateralsklerose. 

 

Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine schwerwiegende Erkrankung des zentralen und peripheren Nervensystems, die weltweit vorkommt und seit über 100 Jahren bekannt ist. Die genaue Ursache, abgesehen von seltenen erblichen Formen, ist bisher unbekannt. Es handelt sich um eine fortschreitende Erkrankung des Nervensystems, bei der Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark, die bewusste Bewegungen steuern, allmählich degenerieren. Dies führt zum Verlust der Muskelfunktion und zu Lähmungserscheinungen. 

Weltweit erkranken jährlich etwa ein bis zwei von 100.000 Menschen an ALS, wobei der Krankheitsbeginn in der Regel zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr liegt. Jüngere Erwachsene sind selten betroffen, und Männer erkranken etwas häufiger als Frauen (Verhältnis 1,6:1). Es scheint, dass die Häufigkeit von ALS weltweit zunimmt. Der Verlauf der Krankheit variiert stark von Person zu Person, jedoch ist die Lebenserwartung verkürzt. 

Qalsody®, mit dem Wirkstoff Tofersen, ist ein Arzneimittel zur Behandlung von Erwachsenen mit einer bestimmten Form der amyotrophen Lateralsklerose (ALS), die durch eine Mutation im Superoxid-Dismutase 1 (SOD1)-Gen verursacht wird. Das SOD1-Gen ist für die Bildung des Proteins SOD1 verantwortlich. Aufgrund dieser Mutation ist das abnormale SOD1-Protein bei diesen Patienten toxisch für Nervenzellen, was letztlich dazu führt, dass die Zellen absterben. Der Wirkstoff Tofersen besteht aus einem kleinen Strang genetischen Materials, einem sogenannten Antisense-Oligonukleotid. Dieses Oligonukleotid bindet an das genetische SOD1-Material in der Nervenzelle und blockiert die Produktion von defektem SOD1. Es wird angenommen, dass Qalsody® durch die Verringerung der Menge an defektem SOD1 die ALS-Symptome lindert. 

Qalsody® ist nur auf ärztliche Verschreibung erhältlich und sollte ausschließlich von einem Arzt mit Erfahrung in der Behandlung von ALS eingeleitet werden. Das Arzneimittel wird durch eine intrathekale Injektion in den Liquor (die Flüssigkeit, die das Rückenmark und das Gehirn umgibt) zwischen den Wirbelknochen im unteren Rücken verabreicht. 

Die Behandlung beginnt mit 3 Dosen, die im Abstand von 2 Wochen gegeben werden, gefolgt von einer Dosis alle 4 Wochen. Anhand der Symptome des Patienten und des Therapie-Ansprechens wird dann regelmäßig überprüft, ob die Behandlung mit Qalsody® fortgesetzt werden muss.  

Sehr häufige unerwünschte Wirkungen (die mehr als eine von zehn Personen betreffen können), die bei Qalsody® beobachtet wurden, waren Schmerzen (Rückenschmerzen, Schmerzen in Armen oder Beinen), Müdigkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen, Fieber und ein Anstieg der Proteine und/oder der Zahl der weißen Blutkörperchen im Liquor.  

In der Hauptstudie wurde die Wirksamkeit von Qalsody® bei Patienten mit ALS, die eine Mutation im SOD1-Gen hatten, untersucht. 72 Patienten erhielten Tofersen über 28 Wochen, während 36 Patienten ein Placebo erhielten. Der Hauptindikator für die Wirksamkeit war die Häufigkeit der Symptomverschlechterung während der Studie. Dies wurde gemessen anhand des ALS Functional Rating Scale Revised (ALSFRS-R), der die körperliche Funktionsfähigkeit bewertet, wie z. B. Schwierigkeiten beim Sprechen, Atmen oder Essen. Der Gesamtscore liegt im Bereich von 0 (keine Funktion) bis 48 (normale Funktion). Nach 28 Wochen zeigte sich, dass der ALSFRS-R-Score bei Patienten, die Qalsody® erhielten, um 4,5 Punkte sank, bei Placebo um 5,8 Punkte. Dieser Unterschied war jedoch statistisch nicht signifikant. 

Weitere Messungen (insbes. Langzeitdaten) deuten darauf hin, dass der Wirkstoff Tofersen das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen kann. Zudem wurde bei Patienten der Verum-Gruppe im Vergleich zu Placebo eine Reduktion der SOD1-Proteinspiegel beobachtet, was die erwartete Wirkung des Arzneimittels bestätigt. Darüber hinaus wurde ein Rückgang der Konzentration der Neurofilament-Leichtkette (NfL), ein Indikator für Nervenschäden, beobachtet, was auf eine Verringerung der Nervenschäden hindeutet. 

Qalsody® ist als sogenanntes „Orphan Drug“ in der Europäischen Union zugelassen. Ein Orphan Drug ist ein Medikament zur Behandlung seltener Krankheiten. Aufgrund der geringen Patientenzahlen sind diese Arzneimittel für Pharmaunternehmen oft nicht wirtschaftlich attraktiv. Daher bieten Regulierungsbehörden wie die FDA und die EMA besondere Unterstützung wie beschleunigte Zulassungsverfahren, Steueranreize und finanzielle Hilfe sowie Marktexklusivität nach der Zulassung. 

 

 

Quellen: 

[1] Produktinformation (EMA) Qalsody®; Biogen; 14. Juni 2024 

[2] Veröffentlichung (Medicine Overview) EMA; 14. Juni 2024:  Qalsody® 

[3] Pressemitteilung Biogen; 30. Mai 2024: Biogen Receives European Commission Approval for QALSODY® (tofersen), the First Therapy to Treat a Rare, Genetic Form of ALS 

[4] Veröffentlichung der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke e.V. (DGM): Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) (zugegriffen am 25.06.2024) 

[5] Veröffentlichung Website ema.europa.eu: Orphan designation: Overview (zugegriffen am 26.06.2024) 

[6] Veröffentlichung Website orpha.net: Orphan Drugs in den USA (zugegriffen am 26.06.2024) 

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