Spravato® - Nasen­spray gegen Depressionen

1. März 2021
arzneimittel-neueinfuehrung
arzneimittel-neueinfuehrung

Eine neue Therapireoption bei Depressionen ist nun als nasale Zubereitung des bekannten Wirkstoffs Esketamin verfügbar.

Der pharmazeutische Unternehmer Janssen-Cilag bringt mit Spravato® das altbewährte Anästhetikum Esketamin nicht nur in neuer Darreichungsform, sondern auch gleich mit einem neuen Einsatzgebiet auf den Markt.

Das auf Verschreibung des Arztes erhältliche Arzneimittel ist in Kombination mit Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) oder Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern (SNRI) bei Erwachsenen mit behandlungsresistenter mittelschwerer bis schwerer Major Depression, die in einer aktuellen Episode auf mindestens zwei verschiedene, antidepressive Therapien keine Besserung erzielen, indiziert. Weiterhin kann es auch in Kombination mit einer oralen antidepressiven Therapie als akute Kurzzeitbehandlung zur raschen Minderung depressiver Symptome bei Erwachsenen mit einer mittelgradigen bis schweren Episode einer Major Depression, die einen psychiatrischen Notfall erleiden, dienen.

Der antidepressive Effekt des Nasensprays, welches 28 mg Esketamin je Nasenspray-Applikator enthält, kommt über einen Antagonismus am N-Methyl-D-Aspartat-(NMDA)-Glutamatrezeptor zustande. Die Blockierung führt zu einer vorübergehenden Erhöhung der Glutamatfreisetzung, was zu einer vermehrten Stimulation des alpha-Amino-3-hydroxy-5-methyl-4-isoxazolpropionsäure-(AMPA)-Rezeptors und in Folge dessen zu einer erhöhten Neurotrophin-induzierten Signalweiterleitung führt. Es kann dann, in den für die Stimmungs- und Emotionsregulation verantwortlichen Hirnarealen, zu einer Wiederherstellung der synaptischen Funktion kommen. Zum raschen Einsetzen der Wirkung trägt wahrscheinlich die Wiederherstellung der dopaminergen Neurotransmission in den für das Belohnungs- und Motivationssystem zuständigen Hirnarealen und die reduzierte Stimulation der Hirnareale, die mit Anhedonie in Verbindung gebracht werden, bei.

Spravato®, welches vom Patienten in einer Klinik oder der Arztpraxis unter Beisein von medizinischem Fachpersonal angewendet wird, wird anfangs, je nach Alter des Patienten, mit einem oder zwei Sprühstößen in jedes Nasenloch dosiert. Anschließend wird zweimal wöchentlich 1-, 2- oder 3-mal in jedes Nasenloch für vier Wochen gesprüht. Bei Verbesserung der Symptomatik, sollte das Medikament für weitere vier Wochen einmal wöchentlich und dann für mindestens ein halbes Jahr einmal alle ein oder zwei Wochen verwendet werden. Im Allgemeinen sollte die Dosis in Abhängigkeit von der Wirksamkeit und Verträglichkeit der vorangegangenen Dosis angepasst werden. Bei Anwendung während eines psychiatrischen Notfalls entspricht die empfohlene Dosierung für erwachsene Betroffene unter 65 Jahre 84 mg Esketamin zweimal pro Woche für eine Dauer von vier Wochen. Eine Reduktion der Dosis auf 56 mg Esketamin kann in Abhängigkeit der Verträglichkeit geschehen. Anschließend an diese vierwöchige Behandlung sollte die Therapie mit oralen Antidepressiva nach Anweisung des Arztes wieder weitergeführt werden.

Zu den sehr häufigen Nebenwirkungen von Spravato® zählen Schwindel, Übelkeit, Dissoziation, Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Dysgeusie, Hypasthesie, Erbrechen und erhöhter Blutdruck.

Nicht angewendet werden darf das Arzneimittel bei Patienten, für die ein Blutdruckanstieg wie auch ein Anstieg des intrakraniellen Drucks ein Risiko darstellt. Dazu zählen Patienten mit Gefäßaneurysma einschließlich intrakranieller Gefäße, Brust- oder Bauchaorta oder periphere Arterien, wie auch Patienten mit intrazerebraler Blutung in der Anamnese sowie kürzlich, also innerhalb der letzten sechs Wochen, erfolgtes kardiovaskuläres Ereignis einschließlich Herzinfarkt. Dies ist auch der Grund dafür, dass vor jeder Behandlung der Blutdruck des Patienten gemessen werden muss. Ebenso muss nach der Behandlung aufgrund etwaig genannter Nebenwirkungen eine 40-minütige Nachbeobachtung stattfinden.

Um das Risiko eines Arzneimittelmissbrauchs bzw.- abhängigkeit zu minimieren, soll vor Therapiebeginn das individuelle Risiko beurteilt und während der Behandlung mit Esketamin im Hinblick auf die Entwicklung von Verhaltensweisen oder daraus entstehenden Zuständen einschließlich dem Drogenbeschaffungsverhalten, beobachtet werden. Da Studien belegen konnten, dass Spravato®, wenn es zusammen mit SSRI- oder SNRI-Antidepressiva eingenommen wird, die Symptome einer schweren Depression, die sich mit anderen Therapien nicht verbessert haben, sowohl kurz- als auch langfristig verbessert, kam die Europäische Arzneimittelagentur zu dem Schluss, dass die Sicherheit akzeptabel, die Nebenwirkungen überschaubar und mit den genannten Einschränkungen der Nutzen gegenüber den Risiken überwiegt. Die Empfehlung zur Zulassung wurde erteilt, welcher die Europäische Kommission zustimmte.

 

Quellen:

[1] Fachinformation Spravato® 28 mg Nasenspray, Lösung; Janssen-Cilag; Februar 2021

[2] Veröffentlichung (EPAR - Medicine overview) EMA; Dezember 2019: Spravato®

[3] Fachinformation Ketanest® S 5mg/ml, 25 mg/ml Injektionslösung; Pfizer; April 2020

Verwandte Artikel
Verbesserte Dosier­genauigkeit

Otriven® 0,025% mit neuem Dosiertropfer ist erneut für Säuglinge und...

Arzneimittelentsorgung
Umwelt­schutz einmal anders

Durch verantwortungsbewussten Arzneimittelgebrauch kann jeder seinen...