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Danicopan für erwachsene Patienten mit paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie mit residualer hämolytischer Anämie zugelassen
Die paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) ist eine seltene, erworbene Erkrankung des Knochenmarks, begründet auf einer Gen-Mutation einer oder mehrerer pluripotenten Stammzellen. Kennzeichnend für diese Erkrankung ist die klassische Trias aus hämolytischer Anämie, Thrombophilie und Zytopenie. Charakteristisch sind Thrombosen in typischer und atypischer Lokalisation sowie eine breite Spanne von Zytopenie-Schweregraden, die von milden bis hin zu einer schweren Panzytopenie (aplastische Anämie/PNH-Syndrom) reichen kann. Der Name PNH ist auf die typische klinische Manifestation der Erkrankung, den dunkelbraunen (Morgen-) Urin zurückzuführen, welcher jedoch nur in 26 % der Fälle bei Erstdiagnose nachweisbar ist.
In Deutschland liegen derzeit keine verlässlichen epidemiologischen Daten vor, um eine Prävalenz zu ermitteln. Daten aus Großbritannien und Frankreich geben eine geschätzte Prävalenz von 16 Fällen pro 1 Millionen Einwohner an. Da das Krankheitsbild jedoch sehr heterogen ist und zum Teil auch symptomarm verlaufen kann, ist davon auszugehen, dass hier eine „Unterdiagnostik“ vorliegt. Die Erkrankung tritt zwischen dem 25. und 45. Lebensjahr mit ausgeglichenem Geschlechterverhältnis am häufigsten auf, ohne eine beobachtete familiäre Häufung.
Bei PNH-Patienten führt eine Überaktivität des Komplementsystems (System aus Proteinen als Teil des Immunsystems) zur Schädigung von körpereignen Blutzellen. Durch gezielte medikamentöse Inhibition der (terminalen) Komplement-Kaskade konnte bei symptomatischen Patienten signifikante Verbesserungen der klinischen Symptome sowie die therapeutische Verhinderung von krankheitsbedingten Komplikationen erzielt werden. Mit der Zulassung von Eculizumab (2006), Ravulizumab (2019) und Pegcetacoplan (2021) hat sich die Überlebenszeit der symptomatischen PNH-Patienten deutlich verbessert bzw. normalisiert.
Bei Patienten, die trotz einer Komplementinhibition weiterhin an hämolytischer Anämie leiden, bietet die neue orale Zusatztherapie mit Voydeya® (Danicopan) eine vielversprechende Aussicht auf Symptomverbesserung.
Im Gegensatz zu den monoklonalen Antikörpern Eculizumab und Ravulizumab, welche an das Komplementprotein C5 binden, inhibiert Danicopan reversibel und selektiv den Komplementfaktor D. Dadurch wird der alternative Weg der Komplementaktivierung gehemmt und eine Ablagerung von C3-Fragmenten auf Erythrozyten gehemmt. Diese Ablagerung ist eine Hauptursache für die extravaskuläre Hämolyse (EVH), die bei einer kleinen Untergruppe von PNH-Patienten, die mit einem C5-Inhibitor behandelt werden, zu klinisch signifikanten Problemen führen kann. Danicopan dient jedoch nur als Zusatztherapie zu Ravuliumab oder Eculizumab. Die Anwendung von Danicopan als Monotherapie ist aufgrund der fehlenden erwiesenen Wirksamkeit nicht gestattet. Für die Aufrechterhaltung der oben genannten C5-Hemmung ist die Anwendung von Eculizumab und Rauvlizumab weiterhin essentiell, um die lebensbedrohlichen pathophysiologischen Folgen der terminalen Komplementaktivierung, zu kontrollieren.
In der multizentrischen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie wurde die Wirksamkeit und Sicherheit von Danicopan bei erwachsenen PNH-Patienten mit klinisch signifikanter EVH untersucht. Die 86 Studienteilnehmer mit PNH mussten mindestens die letzten 6 Monate eine stabile Dosis Eculizumab oder Ravulizumab erhalten haben und gleichzeitig u.a. eine Anämie (Hämoglobin [Hb] ≤ 9,5 g/dl [5,9 mmol/l]) aufweisen.
Nach 12 Wochen Behandlung stieg der Hämoglobinwert bei den Patienten, die Danicopan einnahmen, im Durchschnitt um 2,81 g/dl, verglichen mit einem Anstieg von durchschnittlich 0,41 g/dl bei den Patienten, die Placebo erhielten.
Voydeya® wird in den Stärken von 100 mg und 50 mg Tabletten auf ärztliche Verschreibung auf dem deutschen Markt erhältlich sein. Je nach klinischem Ansprechen kann die anfängliche Dosis von 150 mg dreimal täglich auf 200 mg dreimal täglich nach mindestens vier Wochen Behandlung individuell angepasst werden. Aufgrund seines Wirkmechanismus kann Voydeya® das Infektionsrisiko erhöhen. Aus diesem Grund ist es bei Patienten, die derzeit an einer aktiven Infektion mit dem Bakterium Neisseria meningitidis leiden oder nicht gegen das Bakterium geimpft sind, kontraindiziert, es sei denn, sie erhalten bis zwei Wochen nach der Impfung Antibiotika zur Vorbeugung einer Infektion. Zu den häufigsten Nebenwirkungen während der Therapie gehören Fieber, Kopfschmerzen, erhöhte Leberenzymwerte und Schmerzen in den Extremitäten.
Voydeya® wurde am 12. Dezember 2017 als ein Arzneimittel für seltene Leiden („Orphan-Arzneimittel“) klassifiziert. Es unterliegt einer zusätzlichen Überwachung, um eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit zu gewährleisten.
Quellen:
[1] Produktinformation (EMA) Voydeya®; Alexion; Mai 2024
[2] Veröffentlichung Website Onkopedia: Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) (zugegriffen am 28.05.2024)
[3] Röth A. and Dührsen U.; Dtsch Arztebl 2007; 104(4): A-192 / B-173 / C-169
[4] Veröffentlichung (Medicine overview) EMA; 17. Mai 2024: Voydeya® (Danicopan)
[5] Fachinformation Bekemv®; Amgen; Mai 2024
[6] Fachinformation Ultomiris®; Alexion; Juli 2023
[7] Produktinformation (EMA) Aspaveli®; Swedish Orphan; Juni 2022