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Die amerikanischen Zulassungsbehörde (FDA) ermöglicht Kura Oncology die beschleunigte Entwicklung seines Wirkstoffkandidaten.
Möglich ist dies durch die Breakthrough Therapy Designation, die das Biotechnologieunternehmen Kura Oncology für den Farnesyltransferase-Inhibitor Tipifarnib zur Behandlung von Plattenepithelzellkarzinomen im Kopf- und Halsbereich (head and neck squamous cell carcinoma, HNSCC) laut Pressemitteilung vom 24. Februar 2021 von der FDA erhalten hat.
HNSCC steht überbegrifflich für eine anatomisch heterogene Gruppe von Karzinomen, die eine Vielzahl an Tumoren einschließt, welche ihren Ursprung an den Lippen, in der Mundhöhle, im Bereich des Hypopharynx, Oropharynx, Nasopharynx oder im Kehlkopf haben. Weltweit sind HNSCC die siebthäufigsten Malignitäten mit über 885.000 Neuerkrankungen pro Jahr, wobei Tumore in der Mundhöhle und im Kehlkopf am häufigsten vorkommen. Diese Plattenepithelzellkarzinome sind aggressiver Natur und in einer Vielzahl der Fälle entwickeln sich lokale Lymphknotenmetastasen (am Halswirbel) oder Fernmetastasen, selbst nach erfolgreicher Lokalbehandlung. Verschiedene Risikofaktoren für das Auftreten von HNSCC sind bekannt, darunter Rauchen, Alkoholkonsum, männliches Geschlecht und höheres Alter, wie auch eine bestehende Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV) bei Tumoren im Oropharynx. Überlebensdaten werden bei HNSCC in erster Linie anhand des Stagings, der anatomischen Lokalisation und des HPV Status vorhergesagt. Insbesondere eine mögliche Beteiligung von HPV-Infektionen scheint eine bedeutende Rolle zu spielen, da HPV-positive Tumore eine bessere Prognose sowie ein besseres Ansprechen auf bisherige Therapien aufweisen als HPV-negative Tumore.
Bisher stehen den Betroffenen drei verschiedene Antikörper (Cetuximab, Nivolumab, Pembrolizumab) als Monotherapie und/oder in Kombination mit einer Chemo- bzw. Strahlentherapie zur Verfügung. Trotz derzeitiger Behandlungsstrategien des HNSCC ist die Prognose mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von unter 40% noch immer schlecht. Rezidivierende oder refraktäre HNSCC-Patienten haben ein Gesamtüberleben von etwa fünf bis acht Monaten und bestehende Therapieoptionen, inklusive Immuntherapien, haben typischerweise eine Ansprechrate von nur ca. 10-20%. Dies unterstreicht die Notwendigkeit für neuartige Therapieoptionen.
HPV-negative Tumore sind assoziiert mit einer Häufung von Mutationen, beispielsweise Mutationen im HRAS (Harvey rat sarcoma )-Gen. An diesem Punkt setzt Kura Oncology mit seinem neuen selektiven Farnesyltransferase-Inhibitor Tipifarnib an.
Das HRAS-Protoonkogen, welches in der Zelle zunächst als gesundes Gen vorliegt, allerdings durch Mutationen oder Überexprimierung zum Onkogen mutieren und kann damit krebserzeugend wirken. Als Onkogen kann es Proteine kodieren, welche nicht wie im gesunden Zustand das Zellwachstum und die Differenzierung kontrollieren, sondern durch strukturelle Veränderungen die Zellproliferation und so das Überleben der Zelle verstärken.
Obwohl HRAS bereits vor über 40 Jahren entdeckt wurde, gibt es bisher keine spezifische Therapie gegen Tumoren mit der mutierten Form. Man nennt es daher auch "undruggable oncogen". Kura Oncology beschreitet damit als Vorreiter einen Weg, der HRAS indirekt als Target nutzt, indem es ein entscheidendes Enzym für die Aktivität von HRAS hemmt, nämlich die Farnesyltransferase. Als Farnesyltransferase-Inhibitor ist Tipifarnib damit ein neuartiger, oral zu verabreichender Arzneistoffkandidat für Patienten mit HNSCC, die Mutationen im HRAS aufweisen.
Für seine volle Funktion muss sich sowohl HRAS, als auch die mutierte Form von HRAS in der Zellmembran verankern. Dazu hängt das Enzym Farnesyltransferase eine Farnesylgruppe an das HRAS-Protein, welche HRAS in der Zellmembran verankert. Tipifarnib blockiert diese Farnesyltransferase und verhindert so die Farnesylierung von HRAS. HRAS kann nicht an die Zellmembran binden und schwimmt funktionslos im Zytoplasma.
Sowohl in präklinischen als auch in klinischen Studien konnte bereits nachgewiesen werden, dass das Wachstum in Tumoren mit HRAS-Mutationen durch die Inhibition des Enzyms Farnesyltransferase gestoppt werden konnte. In einigen Fälle konnte sogar ein Schrumpfen der Tumormasse beobachtet werden. Diese HRAS-Mutationen sind in verschiedensten Tumoren zu finden, darunter HNSCC.
Die Phase II-Studie RUN-HN, welche Tipifarnib bei HNSCC-Patienten mit HRAS Mutation untersuchte, deren Erkrankung nach vorheriger Therapie fortschritt, lieferte bereits vielversprechende Ergebnisse. Unter 18 Patienten, bei denen die Wirksamkeit auswertbar war, ergab sich eine objektive Ansprechrate (objective response rate, ORR) von 50% (95% CI, 26-74) mit einer mittleren Dauer des Ansprechens von 14,7 Monaten. Zusätzlich war das mittlere progressionsfreie Intervall bei 5,9 Monaten (95% CI, 3.5-19.2) im Vergleich zu 2,8 Monaten unter der früheren Therapie der Patienten. Die mediane Gesamtüberlebenszeit betrug 15,4 Monate (95% CI, 7.0-46.4).
Die FDA hatte zuvor auch die Fast Track Designation für Tipifarnib für diese Indikation erteilt. Basierend auf der erfolgreichen RUN-HN-Studie erhält Kura Oncology nun die Breakthrough Therapy Designation, welche die Entwicklung dieses aussichtsreichen Arzneistoffkandidaten beschleunigen soll. Derzeit untersucht das Unternehmen Tipifarnib an HNSCC-Patienten mit HRAS-Mutation in der Phase II-Studie AIM-HN.
Quellen:
[1] Pressemitteilung Kura Oncology; 29. Mai 2020: Kura Oncology Reports Overall Survival Data from Phase 2 Trial of Tipifarnib in HRAS Mutant Head and Neck Squamous Cell Carcinoma
[2] Pressemitteilung Kura Oncology; 24. Februar 2021: Kura Oncology Receives FDA Breakthrough Therapy Designation for Tipifarnib in Head and Neck Squamous Cell Carcinoma
[3] EPAR Keytruda® (European Public Assessment Report - EMA); MSD Sharp & Dohme; 26. Juli 2018
[4] Veröffentlichung Website kuraoncology.com: Pipeline-Tipifarnib (zugegriffen am 09. März 2021)
[5] Veröffentlichung Website internisten-im-netz.de: proto-onkogene-und-onkogene (zugegriffen am 09. März 2021)
[6] Veröffentlichung Website clinicaltrials.gov: NCT02383927; Phase II Study of Tipifarnib in Squamous Head and Neck Cancer With HRAS Mutations (zugegriffen am 09. März 2021)
[7] Veröffentlichung Website clinicaltrials.gov: NCT03719690; Safety and Efficacy of Tipifarnib in Head and Neck Cancer With HRAS Mutations and Impact of HRAS on Response to Therapy (AIM-HN/SEQ-HN) (zugegriffen am 09. März 2021)
[8] Fachinformation Keytruda®; MSD Sharp & Dohme; Januar 2021
[9] Fachinformation Opdivo®; Bristol-Myers Squibb; November 2020
[10] Fachinformation Erbitux®; Merck; Mai 2019